„Man muss Audio Service im Tagesgeschäft erleben“

Herr Mettang, Herr Eckernkemper, Herr Knauf, warum wollte Audio Service eigentlich umziehen? Sie schienen mit dem Standort Herford ja durchaus verwurzelt gewesen zu sein …
Thomas Mettang: An dem Standort in der Zeppelinstraße in Herford waren wir seit 1984. Dieses Gebäude haben wir über die Jahre mehr und mehr in Beschlag genommen. Vor knapp sieben Jahren haben wir dort sogar noch angebaut. Unser dortiger Vermieter, ein großer Wellpappen-Fabrikant, hat jedoch aufgrund seines eigenen Wachstums Eigenbedarf angemeldet. Also ngen wir an, uns nach einem neuen Standort umzuschauen.

Nun haben Sie ehemalige Flächen des Fahrradherstellers Pantherbike in Löhne bezogen. Welche Kriterien musste der neue Standort für Sie erfüllen?
Thomas Mettang: Das Wichtigste war, dass hier eine schnelle Internetverbindung zur Verfügung steht. Die ist Grundvoraussetzung für unsere Kundenkommunikation. Und da der Knoten hier recht nah liegt, konnte ohne großen Aufwand eine Leitung für uns gelegt werden. Dazu musste es Fläche für die Verwaltung geben und nicht allein Hallen für Lager und Produktion. Reine Hallenflächen gibt es hier in der Region viele. Einen für uns geeigneten Standort mussten wir jedoch intensiver suchen und sind schließlich hier in Löhne fündig geworden. Wir sind hier zwar etwas ländlich untergebracht, aber in Herford waren wir ja auch nicht direkt im Zentrum. Und wie man ein Gebäude wie dieses hier umgestaltet – da sind den Möglichkeiten kaum Grenzen gesetzt.

Haben Sie den Umzug auch genutzt, um interne Abläufe zu optimieren?

Thomas Mettang: Bestimmte Funktionen wie der Kundenservice und der technische Kundenservice befinden sich nun direkt nebeneinander – das war in den alten Räumlichkeiten nicht möglich. So erhalten wir in diesem Bereich nun etwas mehr Effizienz. Und auch die Fertigung ist nicht mehr über mehrere Stockwerke verteilt.

Nun haben Sie nicht nur einen neuen Standort, sondern auch einen neuen Marketing- und einen neuen Vertriebsleiter. Herr Eckernkemper, Herr Knauf, bitte stellen Sie sich unseren Lesern vor!
Andreas Eckernkemper: Ich bin 45 Jahre alt und seit dem ersten Mai dieses Jahres bei Audio Service. Zuständig bin ich für das Marketing und die Öffentlichkeitsarbeit. Meine Wurzeln liegen im Marketing von Lifestyle-Produkten und ich durfte dieses auf Industrieseite bei mittelständischen Arbeitgebern mitgestalten und maßgeblich beeinflussen. An Hörsystemen begeistert mich, wie hier hochkarätige Technik auf kleinstem Raum verbaut wird. Auf einem Zentimeter findet sozusagen ein Feuerwerk statt. Und auch die emotionale Komponente begeistert mich. Es gibt nicht viele Produkte, die von sich behaupten können, dass sie Menschen verbinden und wieder aktiv am Leben teilhaben lassen. Dazu kommt die sehr gute Partnerschaft mit den Kunden, die Audio Service auszeichnet. Die sehe ich als großes Pfund und möchte sie selbstverständlich weiter pflegen und, zusammen mit meinem Team, weiter ausbauen und intensivieren.

Wie sind Sie auf die Hörbranche aufmerksam geworden?
Andreas Eckernkemper: Ich habe eine Stellenanzeige gesehen und daraufhin meine Unterlagen vorbereitet und Herrn Mettang geschickt. In mehreren Gesprächen wurde uns schnell klar, dass wir gut zusammenarbeiten können und gemeinsam die nächsten Schritte machen wollen.

Das Marketing von Audio Service wurde des Öfteren ausgezeichnet. Können Sie schon sagen, wo Sie Akzente setzen möchten?
Andreas Eckernkemper: Meine Vorgängerin hat gute Fußstapfen hinterlassen, die es für mich nun auszufüllen gilt. Dabei werde ich sicherlich nicht das Rad neu erfinden. Dafür wurde hier zu gut und professionell gearbeitet. So bleibt das Aktivmarketing ein wichtiger Punkt, in dem ich weitere Akzente setzen kann. Zudem spielt für mich, neben der analogen Welt, auch die digitale eine immer größere Rolle. Hier werde ich in meiner Einarbeitungsphase schauen, wie man das eine oder andere vielleicht in den digitalen Bereich transferieren kann.

Herr Knauf, wie ist es bei Ihnen? Seit wann sind Sie neuer Vertriebsleiter bei Audio Service?
Frank Knauf: Ich bin ebenfalls 45 Jahre alt und seit Anfang Mai bei Audio Service. Davor war ich Teil der Unternehmensleitung eines mittelständischen Betriebes in der Augenoptik und Hörakustik, wo ich als gelernter Augenoptiker und Hörakustiker für den Bereich Hörakustik verantwortlich war. Nach 22 Jahren in diesem Bereich fasste ich schließlich den Entschluss, mich einer neuen Herausforderung zu stellen. Und was lag da näher, als zu einem Betrieb zu wechseln, den ich über viele Jahre schon als guten und zuverlässigen Partner kennengelernt habe? Als ich hörte, dass bei Audio Service eine Position neu zu besetzen war, nahm ich zeitnah Kontakt mit Herrn Mettang auf. An Audio Service hat mir immer gefallen, wie hier der Service-Gedanke in den Vordergrund gestellt wird. Das möchte ich mit dem Vertriebsteam weiter festigen und noch weiter ausbauen.

Sie haben demnach die Seiten gewechselt und sind von einem Filialisten zu einem Hersteller gegangen?
Frank Knauf: Ja. Ich war gegenüber der Industrie nie skeptisch eingestellt. Das Zusammenspiel zwischen Hersteller und Akustiker halte ich für eine Win-win-Situation, zumindest, wenn es gut läuft.

Können Sie schon sagen, wo Sie Akzente zu setzen gedenken? Im Grunde geht man ja davon aus, dass der Vertrieb eines Herstellers wie Audio Service schon bestens aufgestellt ist …

Frank Knauf: Man kann schauen, an welchen Stellen man die Zusammenarbeit noch intensivieren, verbessern kann. Darauf wird mein Hauptaugenmerk liegen, genau wie darauf, dass der Kontakt zu unseren Kunden sowie zu neuen Kunden intensiviert und von unserem Marketing unterstützt wird. Das wird für Herrn Eckernkemper und mich ein großes Thema.

Wie kann man als Hersteller heute neue Kunden gewinnen? Man könnte ja annehmen, dass jeder Akustiker, der für sein Geschäft Hörsysteme ordert, Audio Service kennt bzw. schon von Ihnen gehört hat …
Frank Knauf: Die Kunden müssen die positiven Dinge selbst erleben. Nur davon zu hören, wie es ist, mit Audio Service zu arbeiten, ist das eine. Das andere ist es, es selbst im Tagesgeschäft mit uns zu erleben. Dann weiß man, wovon der andere gesprochen hat. Und so wollen wir auch künftigen Kunden die Möglichkeit bieten, erleben zu können, wie es ist, mit uns zu arbeiten.

Das heißt also, dass Sie beide ein Team bilden, in dem der Vertrieb das untermauert, was das Marketing ausgelobt hat?
Thomas Mettang: Über die 2HM-Studie bekommen wir ja immer gespiegelt, wie zufrieden unsere Kunden mit uns sind. Natürlich können wir da in einigen Kategorien wie Innovation oder Marktführerschaft nicht mit den Platzhirschen mithalten, aber das ist auch nicht unser Bestreben. In Kategorien wie Partnerschaft, Serviceorientiertheit, Flexibilität oder Verlässlichkeit sind wir hingegen führend. Man kann daraus ableiten, dass bei uns das Gesamtpaket passt und es Spaß macht, mit uns zu arbeiten. Und auf diesem Fundament möchten wir unsere Entwicklung fortsetzen.

Herr Eckernkemper, wie werden Sie Ihre Kunden in den Fachgeschäften unterstützen?
Andreas Eckernkemper: Nicht nur die Technik in den Hörsystemen entwickelt sich weiter. Auch die Marketingmaßnahmen, die man vor Ort macht, tun das. Wie eben gesagt: Es geht um das Erleben vor Ort. Und da denke ich nicht nur an unsere Kunden, sondern auch an deren Kunden. Es geht also darum, vor Ort eine Inszenierung zu schaffen, die dieses Erlebnis transportiert, um so ein Hörerlebnis zu schaffen. Kurzum: Es geht um Erlebnisse und nicht nur um bunte Marketingbroschüren.

Herr Knauf, inwiefern fällt die Unterstützung von Fachgeschäften in deren Marketingbestreben auch in Ihren Bereich?
Frank Knauf: Für mich ist klar, dass Marketing und Vertrieb in dieselbe Richtung marschieren sollten. Da wir beide hier zusammen neu starten, werden wir natürlich sehr eng zusammenarbeiten und uns abstimmen. Das beinhaltet auch, unsere Kunden in dem zu unterstützen, was sie vor Ort machen.

Thomas Mettang: Unser Motto ist, dass der Kunde die Marke ist. Und daraus resultiert für uns der Ansatz, unsere Kunden unterstützen zu wollen, damit die sich in ihrer Region als Marke weiter etablieren können.

Die Produkte sind hierbei nicht zu vergessen. Auf dem EUHA-Kongress 2016 haben Sie die vierte Generation eingeführt …
Thomas Mettang: … die inzwischen komplett ausgerollt ist. Ende Mai wird es noch eine Ergänzung im RIC-Bereich mit einer 13er Batterie, sowie der Launch unserer Lithium-Ionen-Technologie geben. So wird man mit diesen neuen Geräten, selbst wenn viel Strom gebraucht wird, Energie für bis zu 24 Stunden haben, was mehr als ausreichend sein dürfte. Abgesehen davon haben wir auf dem Kongress auch unser „Tune“-Konzept vorgestellt, über das man verschiedene Preispunkte testen und später auch noch Upgrades machen kann. Auf dem diesjährigen EUHA-Kongress in Nürnberg werden dann Direct-Streaming-Geräte folgen.

Da Sie die Lithium-Ionen-Technologie ansprechen: Die werden Sie aber nicht auch in den IdOs anbieten, oder?
Thomas Mettang: Das wird sicherlich einer der nächsten Schritte sein. Aktuell gibt es jedoch für IdOs noch keine passenden Lithium-Ionen-Zellen in den Größen #312 und #10, welche den Großteil der IdO-Batteriegrößen ausmachen. Kurz- bis mittelfristig wird sich das ändern.

Auch wenn Sie es nicht so stark bewerben, macht Audio Service darüber hinaus mit dem Atelier von sich reden. Was hat es damit auf sich?
Thomas Mettang: Horst Peter Hühne, der Gründer von Audio Service, kam Ende der 1970er Jahre in den USA in Kontakt mit IdO-Systemen und fand diese auch für den deutschen Markt interessant. Unser Gründer war es, der IdOs in Deutschland etabliert und uns zum Marktführer für diese Bauart gemacht hat. Das ist unser Erbe. Und das wollten und werden wir nicht über Bord werfen. Auch wenn wir ein Vollsortiment anbieten, verpflichtet uns dieses Erbe, den Bereich IdO am Markt entsprechend zu positionieren – unter anderem mit unserem Atelier-Konzept. Hier bieten wir Kunden die Möglichkeit, einen IdO-Schwerpunkt in ihrem Geschäft zu setzen. Wir unterstützen sie dabei mit hochwertigen und individualisierbaren Hörsystemen, fundierten Schulungen, hochkarätigen Marketing- und Präsentationsmaterialien und exzellentem Service.

Wie kann man Atelier-Kunde werden?
Thomas Mettang: Eine hohe IdO-Affinität ist die Grundvoraussetzung, um Atelier-Kunde werden zu können. Mit dieser IdO-Affinität geht eine entsprechende Umsatzhöhe mit dieser Bauart einher. Und last but not least sollte das Fachgeschäft den entsprechenden Rahmen hinsichtlich Interieur, technischer Ausstattung etc. bieten.

Die IdO-Schalen fertigen Sie bekanntlich mit 3D-Druckern. Inzwischen halten diese Drucker nach und nach auch Einzug in einigen Fachgeschäften. Was bedeutet das für Sie?

Thomas Mettang: Als Frank Knauf seine Karriere als Akustiker begonnen hat, gab es noch viele Akustiker, die selbst IdOs gebaut haben. Das war ja eine recht einfache Technologie. Doch mit der Zeit sind viele davon abgerückt, weil sie keine hohen Stückzahlen erreicht haben. Somit verschwand das Thema mehr oder minder aus den Fachgeschäften. Nun kommt es wieder auf und einige entscheiden sich, es selbst zu machen. Darin unterstützen wir unsere Kunden selbstverständlich, indem wir etwa die STL-Files zur Verfügung stellen, so kann man schon im Modelling unsere Mechanikteile verwenden. Darin schulen wir unsere Kunden auch und stellen überdies unsere Faceplates, auf denen die Technik sitzt, zur Verfügung. Der Kontakt zu Akustikern, die so arbeiten, reist für uns also deshalb nicht ab, sondern wir teilen in diesen Fällen unsere Erfahrungen mit unseren Kunden.

Sie hatten es eingangs erwähnt: Audio Service feiert in diesem Jahr den 40. Geburtstag. Wie begehen Sie das Firmenjubiläum?
Thomas Mettang: Ostwestfälisch verhalten (lacht). Im Ernst: Wir machen einzelne Aktionen für unsere Kunden. Auf unseren Anzeigen in den Fachzeitschriften etwa bedanken wir uns für die gute Zusammenarbeit. Zudem gibt es hier am Standort noch ein kleines Familienfest, um den Angehörigen unserer Mitarbeiter den neuen Standort vorzustellen.

Wie beurteilen Sie eigentlich nun, da rund drei Jahre seit der Abspaltung von Siemens ins Land gegangen sind, die Entwicklung, die Audio Service seit dem genommen hat?
Thomas Mettang: Für uns ist alles gleich geblieben. Daher war der Übergang in die neue Eigentümerschaft relativ einfach. Das Umfeld ist natürlich ambitioniert und dynamisch. Und in einigen Bereichen haben wir heute mehr Geschwindigkeit als unter dem großen Tanker Siemens. Aber im Grunde ist es doch so: Früher mussten wir erfolgreich sein. Und heute müssen wir das auch. Es gibt intern ein klares Commitment zu Audio Service. Unser Mietvertrag hier am Standort läuft über zehn Jahre. Dazu kommt, dass die Marken relativ gleichberechtigt positioniert sind, wenngleich wir einen gewissen zeitlichen Verzug haben, was die Innovationen anbelangt.

Wie blicken Sie auf Themen wie Personal Sound Amplifier und andere Over-the-Counter-Hörhilfen? Das Thema kommt ja immer wieder mal auf …
Thomas Mettang: Da bin ich relativ gelassen. Solange wir hier die Krankenkassen und das Hilfsmittelverzeichnis haben, gibt es eben diese Einstiegsbarriere, so dass nicht jeder einfach sagen kann: hier, das ist ein Hörsystem und das kostet 19.90 Euro. Ob diese Geräte Teufelszeug sind, kann ich nicht beurteilen. Vielleicht helfen sie sogar einigen, die sich noch nicht zum Hörakustiker trauen, einen Einstieg zu finden? Wie man liest, möchte die FDA in den USA diesen Bereich ja noch weiterentwickeln. Aber wie gesagt: Solange wir hier die Vorgaben der Krankenkassen haben, sehe ich da keine großen Veränderungen kommen. Was sich in anderen Märkten abspielt, sollte man aber dennoch im Auge behalten.

Zum Schluss noch ein Themenwechsel: Wie sehen Sie das Thema Vertriebskanäle? Sehen Sie hier durch die Expansion von großen Filialisten und durch die vertikale Integration einige Kanäle bedroht?
Thomas Mettang: Natürlich passiert es mal, dass ein großer Filialist, bei dem wir nicht gelistet sind, einen unserer Kunden kauft. Der ist dann weg, was uns natürlich weh tut, weil wir uns für diesen Kunden über Jahre ins Zeug gelegt haben. Aber der Markt ist hier mit seinen über 6.000 Fachgeschäften noch so fragmentiert, dass wir nach Ausklammern der rund 1.500 Fachgeschäfte von Kind, Geers und Amplifon noch immer sehr viele Möglichkeiten haben. Nicht zu vergessen sind die Einkaufsgemeinschaften, die ein großer und wichtiger Teil unseres Geschäfts sind. Und auch hier gibt es für uns noch viele Chancen, da bei weitem nicht alle Mitglieder der Gemeinschaften, bei denen wir gelistet sind, auch schon mit uns arbeiten.

Meine Herren, haben Sie vielen Dank für das Gespräch.