Die Placing-You-Gründer im Interview
Herr Maron, Sie haben, zusammen mit einem Partner, das Personalvermittlungsportal placing-you.de ins Leben gerufen. Was war die Initialzündung?
Ein Vorstellungsgespräch, das ich mal hatte. Die Stellenbeschreibung las sich in der Anzeige gut: Es wurde ein „überdurchschnittliches Gehalt“ geboten, das Fachgeschäft wurde als „modern“ beschrieben – wie man es sich als Arbeitnehmer eben wünscht. Also fuhr ich an einem Samstagmorgen dort hin, um mich vorzustellen. Ich kam etwas zu früh an, stand vor dem Fachgeschäft und wartete. Von draußen wirkte das Geschäft allerdings nicht sonderlich modern. Das war also ein erster Dämpfer. Das Gespräch selbst lief dennoch erst mal gut. Zudem war im Geschäft alles vorhanden, was man so braucht. Zum Ende des Gesprächs offerierte mir der Inhaber dann ein Gehalt von 1.650 Euro brutto, was ich nicht als überdurchschnittlich empfand. Hätte ich das vorher gewusst, wäre ich wohl gar nicht erst zu dem Vorstellungsgespräch gefahren. Was ich außerdem, wie wahrscheinlich jeder Hörakustiker in Deutschland, erlebt habe, waren die Anrufe von Headhuntern. Und die empfand ich ebenfalls eher als negativ.
Warum?
Headhunter geben sich oft als Personen aus, die sie gar nicht sind – zum Beispiel als Mitarbeiter der AFH oder Berufsschule in Lübeck oder als Mitarbeiter der Handwerkskammer. Das finde ich mies. Dazu kommt die Art, wie die mit einem umgehen. Von einem Headhunter wollte ich zum Beispiel mal wissen, was der an meiner Vermittlung verdienen würde. Darauf hin wurde der sehr patzig. So kam ich letztlich auf die Idee, dass das vielleicht auch etwas eleganter gehen könnte – und zwar sowohl für Unternehmen als auch für Arbeitnehmer. Ich wollte etwas Faireres machen, etwas weniger Aufdringliches und vor allem etwas Moderneres; mit einer App und einer Website, die ich aufrufen kann, wann ich möchte. So wäre man erst mal unabhängig und muss auch keine Telefonate führen, was für einige Leute ja durchaus eine Hürde ist. So kam schließlich die Idee, Placing-You zu gründen.
Neben Ihnen ist noch eine weitere Person an placing-you.de beteiligt: Mathis Haane. Wer ist das?
Mathis Haane kommt aus Köln und ist studierter Informatiker. Er kümmert sich um das Back-End, den Server, die IT-Sicherheit etc. Und er ist eben auch Gesellschafter. Dazu kommt noch eine weitere Person, die bei uns auf 450-Euro-Basis angestellt ist und die App erstellt. Aktuell sind wir außerdem in einem Personalgespräch mit einer Optikerin und zudem wird der namhafte Marketing- und Gründungsberater-Profi Felix Thönnessen (Coach der Kandidaten in der TV-Show „Die Höhle der Löwen“, Anm. d. Red.) das Placing-You-Team verstärken. Aber es gab auch schon Angebote von Unternehmen, bei placing-you.de mit einzusteigen, die wir jedoch abgelehnt haben. Wir sind zu 100% autark und möchten uns diese Neutralität auch bewahren.
Seit Ende März ist die offizielle Website placing-you.de erreichbar. Wie sieht Ihr Angebot aus?
Wir starten mit der Website und einer App für das Android-Betriebssystem. Die iOS-App wird in Kürze folgen. Dazu gibt es sowohl in der App als auch auf der Seite die Möglichkeit, sich für ein persönliches Gespräch mit mir zu verabreden. Aktuell können Sie sich das so vorstellen, dass ich mit Kunden zunächst per Mail kommuniziere und wir Termine für Telefonate abmachen. Zugegeben: So viel anders als bei einem Headhunter ist das noch nicht. Aber wer Wert auf ein persönliches Gespräch legt, weil er sich damit wohler fühlt, kann auch das mit mir vereinbaren. Der Großteil soll allerdings über die Website und die App laufen. (Siehe Abbildung auf der übernächsten Seite)
Bereits auf der provisorischen Seite sind eine ganze Menge Stellenangebote zu finden gewesen. Wie gewinnen Sie Unternehmen dafür, bei Ihnen nach Mitarbeitern zu suchen?
Derzeit sind wir dabei, ein möglichst großes Netzwerk zu bilden. Hierfür stellen wir uns bei diversen Unternehmen vor. Zudem sind wir in Sozialen Netzwerken wie Xing und Facebook sehr aktiv und fahren außerdem Marketing-Aktionen. So konnten wir bereits einige feste Kunden gewinnen. Aktuell betreuen wir mehrere hundert Fachgeschäfte und haben etwa 20 Partner in der Hör- akustik und Augenoptik. Nun, da die richtige Website da ist, können wir potenziellen Kunden auch besser zeigen, wie das bei uns funktioniert. Davon versprechen wir uns einiges. Bisher jedenfalls wurde jedes Unternehmen, bei dem wir vorstellig geworden sind, Partner – bis auf eines. Und selbst das hat nicht die Tür zugeschlagen, sondern möchte weiterhin informiert werden.
Sie meinen, placing-you.de bietet nicht nur Arbeitnehmern Vorteile, sondern auch Arbeitgebern?
Ja. Diese Vorteile beginnen mit dem Preis, den uns ein Unternehmen für die Vermittlung eines Arbeitnehmers zahlt, und gehen mit der Möglichkeit, sich bei uns präsentieren zu können, weiter. Das ist ja gerade für mittelgroße Unternehmen attraktiv. Noch einmal zum Preis: Für die Vermittlung von Meistern fallen 4.500 bis 6.000 Euro an, für Gesellen 3.000 bis 4.000 Euro und für Azubis 750 Euro.
Sind es denn mehr Arbeitgeber, die über Sie suchen, oder mehr Arbeitnehmer?
Das hält sich die Waage. Wir merken jedenfalls, dass es auf dem Arbeitsmarkt eine große Nachfrage gibt. Stand heute haben schon knapp über 100 Arbeitnehmer über uns eine neue Stelle gesucht. Die Zahl der suchenden Arbeitgeber beläuft sich aktuell auf 140.
Das Thema Personal scheint in der Hörbranche für manchen ein ausgesprochen sensibles zu sein. Welche Erfahrungen haben Sie diesbezüglich gemacht?
Anfangs hatte ich die Befürchtung, dass eine Plattform wie placing-you.de gerade den Arbeitgebern sehr missfallen könnte. Schließlich kann man bei uns sehen, welches suchende Unternehmen welche Gehälter bietet. Das Thema wurde von einigen Unternehmen uns gegenüber auch angesprochen. Aber dass dieser Punkt ein Unternehmen davon hat absehen lassen, über uns Mitarbeiter zu suchen, kam noch nicht vor. Der Punkt ist doch: Wenn man ein gutes Unternehmen ist, sowohl vom sozialen als auch vom finanziellen Aspekt, dann kann mir das doch eher egal sein. Für Unternehmen wie jenes, bei dem ich mich einst vorstellte, ist placing-you.de hingegen bei der Personalsuche sicherlich ein Sargnagel. Dennoch denke ich, dass es einfach nur fair ist, mit offenen Karten zu spielen.
Die offen genannten Gehälter sowie eventuelle Boni kann man dennoch als Tabubruch sehen …
Es ist doch so: Der letzte Schritt in einem Bewerbungsverfahren ist die Verhandlung des Gehalts, des Firmenwagens etc. Gleichzeitig ist dies aber auch der Punkt, der am häufigsten für ein Scheitern sorgt. Das empfinden wir als paradox. Wenn ich zum Beispiel als Meister 3.500 Euro brutto verdienen und 30 Urlaubstage haben möchte, ein Unternehmen aber nur 3.000 Euro und 25 Tage anbietet, dann spare ich dem Betrieb und mir doch die Zeit, die so ein Bewerbungsprozess kostet. Grundsätzlich aber gilt: Jeder kann sich bei uns präsentieren. Und wenn man es als nötig empfindet, kann man sein Angebot verbessern bzw. anpassen. So verfolgen wir das Ziel, rund ein Drittel der Branche auf placing-you.de zu haben. Damit könnten wir dann auch sicherstellen, dass man bei uns jemanden findet.
Sie sagten es eben schon: Sie treten auch für die Fairness an. Arbeitnehmer und Arbeitgeber sollen sich bei Ihnen auf Augenhöhe begegnen. Außerdem legen Sie großen Wert auf Datenschutz. Inwiefern gewähren Sie diesen?
Die Arbeitgeber treten bei uns namentlich als Inserenten auf. Die genießen in diesem Punkt also nicht die Anonymität wie die Arbeitnehmer, was hier auch dem Arbeitgeberschutz dient, da wir Unternehmen direkt verifizieren und so Missbrauch vorbeugen. Als Arbeitnehmer möchte man ja vielleicht nicht, dass der Chef mitbekommt, wenn man eine neue Stelle sucht. Also bleiben die bei uns erstmal anonym – wenn sie es wünschen, sogar gegenüber uns. Die Arbeitnehmer gehen also keinerlei Risiken ein, wenn sie bei uns eine neue Stelle suchen. Erst wenn ein Kontakt zum Arbeitgeber entstehen soll, benötigen wir Daten und der Arbeitnehmer ist nicht mehr anonym.
Darüber hinaus bieten Sie Arbeitnehmern, die über placing-you.de eine neue Anstellung gefunden haben, ein sogenanntes Startgeld an. Wie ist das zu verstehen?
Der Arbeitgeber zahlt uns für die Vermittlung ja einen Betrag, jedoch nur und erst, wenn es wirklich zu einem Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer kommt, vorher ist alles 100% kostenlos. Und wenn dieser gezahlt wurde, bekommt der Arbeitnehmer davon einen Teil sozusagen geschenkt. Dieses Startgeld zahlen wir aber auch wirklich erst dann, wenn jemand eingestellt wird. Zudem ist für einen Arbeitnehmer placing-you.de komplett kostenlos. Und für den Arbeitgeber fallen erst dann Kosten an, wenn ein Arbeitsvertrag unterschrieben wird. Jeder Arbeitnehmer, der über Placing-You vermittelt wurde, erhält das Startgeld nach Bezahlung der Vermittlungsprovision durch den neuen Arbeitgeber. Meister bekommen 300, Gesellen 200 und Azubis 100 Euro.
Und wie stellen Sie sicher, dass Sie davon erfahren, wenn ein Arbeitnehmer und ein Arbeitgeber über Placing-You zusammengefunden haben? Es wäre ja auch denkbar, dass der Arbeitsvertrag hinter Ihrem Rücken zustande kommt und sich beide Parteien lediglich über Placing-You kennengelernt haben …
Um dem entgegen zu wirken, arbeiten wir beispielsweise mit dem Startgeld. Damit motivieren wir sozusagen den Arbeitnehmer, uns zu informieren, ob ein Arbeitsverhältnis entstanden ist oder nicht. Nun kann der Arbeitgeber natürlich sagen: Das Startgeld schenke ich dir auch, oder sogar noch eine höhere Summe. Das käme ihn immer noch günstiger, als uns für die Vermittlung zu bezahlen. Aber da haben wir nun ein System gefunden, mit dem wir das kontrollieren können. Zu diesem System können wir aber leider keine genauere Auskunft geben, da uns dies eben Möglichkeiten gibt, die Headhunter etwa nicht haben.
Neben der Stellenvermittlung bieten Sie auch eine Leihbücherei an, über die man sich Fachliteratur ausleihen kann. Was hat es damit auf sich?
Jeder, Arbeitgeber wie Arbeitnehmer, kann sich über die Leihbücherei Bücher ausleihen. Bei Partnern liegt keine Werbung für Placing-You bei, bei Nicht-Partnern hingegen schon. Dahinter steckt die Idee, dass Bildung etwas Kostenloses sein sollte. Nur kosten Fachbücher teilweise eine Menge Geld. Und da Fachbücher oft einfach nur noch irgendwo herumliegen und nicht mehr gebraucht werden, haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, diese aufzukaufen und dann zum kostenlosen Verleih anzubieten.
Darüber hinaus planen Sie, ein Lernforum aufzubauen. Was können wir uns darunter vorstellen?
In der Hörakustik gibt es ja verschiedene Meisterschulen, bei denen man sich privat oder über den Arbeitgeber anmelden kann, um sich für die Meisterprüfung weiterbilden zu können. Ich selber habe das auch so gemacht. 19.000 Euro hat mich das bisher gekostet. Und die Qualität der Meisterschule, die ich besuchte, fand ich erschreckend. Die Dozenten haben einfach Powerpoint-Präsentationen heruntergerattert oder wir durften Sätze aus einem Buch abschreiben. 21 Wochenenden habe ich dafür bisher aufgebracht. Ich musste anreisen, die Unterkunft kostete Geld. Da kam uns die Idee, so etwas online anzubieten. So kann sich jeder dann weiterbilden, wann er es möchte – in vernünftiger Qualität, kurz und kompakt. Wir werden hierfür auch Videos erstellen. Der Preis für alle vier Kurse, die für Teil 1 bis 4 der Meisterprüfung sind, wird wahrscheinlich bei 500 Euro liegen. Zudem können sich die Teilnehmer auch selbst einbringen und sogar noch Geld damit verdienen, indem sie Beiträge hinzufügen. Außerdem sind wir in Gesprächen mit Dozenten, sodass wir jederzeit, wenn es von den Meisteranwärtern gewünscht ist, Webinare oder Live-Schulungen geben können. So würde dieses Portal stetig wachsen, auf dem neuesten Stand sein und es würde eine Community entstehen. Hierbei geht es uns dann auch nicht um den Profit. Das wird maximal kostendeckend. Das Geld wollen wir in erster Linie über die Vermittlung von Arbeitskräften verdienen.
Herr Maron, haben Sie vielen Dank für das Gespräch.