Auf der sicheren Seite
Worauf es beim Abschluss einer Versicherung ankommt, um für den Fall der Fälle vorzusorgen: Während der Ausprobephase kommen Hörsysteme unterschiedlicher Preisklassen und mit verschiedenen Ausstattungsmerkmalen zum Einsatz. Verständlich, wenn die Unsicherheit auf Kundenseite erst einmal groß ist, die Testgeräte beim Probetragen zu beschädigen oder gar zu verlieren. Rein rechtlich gesehen handelt es sich bei Testhörgeräten um eine Leihgabe, die als solche von den allermeisten Hausratversicherungen nicht mit abgedeckt ist. Etwas höher sind die Chancen da bei der Haftpflichtversicherung. Je nach Anbieter und Tarif kann die Haftpflicht Schäden an geliehenen, gemieteten oder geleasten Sachen umfassen, worunter auch medizinische Produkte wie beispielsweise Blutdruckmessgeräte fallen können. Dass in den Bestimmungen explizit auch geliehene Hörgeräte aufgezählt werden, dürfte aber die Ausnahme sein. Wer als Probeträger also auf Nummer sicher gehen will, sollte sich zumindest telefonisch bei seiner Versicherung melden und diesen speziellen Fall abklären lassen. In aller Regel empfiehlt sich für Kunden der Abschluss einer speziellen Versicherung für die Zeit des Probetragens. Denn sollte eines der Hörgeräte während der Ausprobe kaputt- oder verloren gehen, muss der Kunde selbst für die Kosten eines Ersatzgerätes oder für die Reparatur aufkommen. Und das kann schnell sehr teuer werden.
Die Schiegg Assekuranz hat zum Beispiel eine Hörgeräte-Flatrate für Fachbetriebe im Angebot, bei der alle Hörgeräte automatisch für eine frei wählbare Laufzeit versichert sind. Darin inkludiert ist explizit auch das Probetragen von Hörgeräten. Der Versicherungsfall tritt sowohl beim Abhandenkommen als auch bei Bruch, Beschädigung, Diebstahl, Zerstörung und unsachgemäßer Handhabung ein. Als Beitragsbasis gilt der Jahresnettogesamtumsatz im Bereich Hörakustik von 150.000 Euro bis zu 1.000.000 Euro und die gewählte Laufzeit. Die Laufzeiten im Bereich Hörgeräte betragen 36 Monate oder 48 Monate und 90 Tage beim Probetragen eines Hörgerätes. Tritt während der Ausprobe ein Schaden auf, bekommen die Fachbetriebe den gesamten Betrag der Nettoherstellerrechnung ersetzt. Ein Vorteil für die Hörakustiker: Da alle Geräte versichert sind, müssen sie keine extra Versicherungspolicen ausfüllen.
Merkmale, die eine Versicherung erfüllen sollte
Doch egal, für welche Versicherung man sich am Ende entscheidet, folgende Merkmale sollten erfüllt sein:
Die Laufzeit sollte möglichst lang sein und nicht unter acht Wochen liegen. Unter besonderen Umständen, beispielsweise einer Krankheit oder Urlaub, sollte sie verlängerbar sein. Die Anzahl der Testhörgeräte sollte möglichst hoch oder sogar unbegrenzt sein. Die Versicherung sollte sowohl den Verlust eines Hörgeräts als auch einen Totalschaden sowie etwaige Reparaturen beinhalten.
Die Selbstbeteiligung auf Kundenseite sollte entweder ganz ausbleiben oder aber mit einem Festpreis nicht zu hoch angesetzt sein, zum Beispiel bei 100 Euro. Eine prozentuale Selbstbeteiligung kann gerade bei hochpreisigen Testgeräten viel höher ausfallen. Sinnvoll sind auch verschiedene Versicherungstarife, um die unterschiedlichen Hörgerätepreise von Basis bis Premium abzudecken.
Was die Schadensregulierung angeht, so läuft diese am praktischsten so ab: Der Hörakustiker meldet den Verlust an den Versicherer und legt die Rechnung für ein Ersatzgerät dazu. Auf Kundenseite steht der eventuell vereinbarte Eigenanteil, der an den Hörakustiker geht.
Gruppen- oder Einzelversicherung
Bei Versicherungen zum Probetragen von Hörgeräten handelt es sich um sogenannte Gruppenversicherungen, bei denen der Hörakustiker als Versicherungsnehmer auftritt. Innerhalb dieses Rahmenvertrags gilt der Kunde dann als versicherte Person. Ein Service, der für beide Seiten Vorteile hat und natürlich auch dann angeboten werden kann, wenn es um gekaufte Hörsysteme geht.
Für den Kunden ist das angenehm, weil er sich im Schadensfall einfach an seinen Fachbetrieb wenden kann, der die Schadensregulierung für ihn übernimmt. Außerdem kommt er in den Genuss günstigerer Gruppenkonditionen. Der Hörakustiker wiederum muss den Schaden oder Verlust des Hörgeräts an den Versicherer melden und bekommt von ihm den Betrag ausbezahlt, der nach den von der Krankenkasse geleisteten Zahlungen und eventuellen Garantieleistungen des Herstellers übrig bleibt.
Wichtig sind solche Versicherungen vor allem dann, wenn es sich bei den Hörgeräten nicht nur um eine Basisversorgung handelt. Denn wo die Krankenkasse auch bei Verlust einspringt, bleiben die Kunden auf Mehrkosten für teurere Hörsysteme mit privater Zuzahlung sitzen.
Kunden- und Servicekarten
Fest steht, dass sich auf die Herstellergarantie allein niemand verlassen sollte. Zum einen, weil sie eine rein freiwillige Leistung darstellt. Zum anderen, weil sie meist nur die Zeitspanne des ersten Jahres nach dem Kauf abdeckt und drittens, weil sie nur für die Geräte selbst und nicht für das Zubehör gilt. Gruppenversicherungen im Rahmen einer Kundenkarte haben dagegen oft Laufzeiten von fünf oder sechs Jahren und decken auch eventuelle Schäden an Otoplastiken oder externen Hörern ab. Sollten Reparaturen nötig werden, die nicht unter die Garantie fallen, werden diese komplett vom Versicherer bezahlt. Der Versicherer springt auch ein, wenn der Kunde sein Hörgerät verloren hat, wobei der Hörakustiker den für diesen Fall vereinbarten Festpreis vom Kunden erhält.
Allerdings müssen Fachbetriebe vor allem eine Sache beachten: Die Kunden müssen ganz klar sowohl über das Versicherungsunternehmen als auch über dessen Leistungen in Kenntnis gesetzt werden. Im Sinne des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG), in dem klar definierte Mindeststandards festgelegt sind, müssen die Leistungen der Versicherungen eindeutig von denen des jeweiligen Hörakustikers unterschieden werden.
Wie viele und welche Leistungen genau neben der Gruppenversicherung über die Kundenkarte abgewickelt werden, kann jeder Hörakustiker selbst entscheiden. So stellt sie ein gutes Mittel dar, um Langzeitkunden Rabatte zu gewähren, sie kostenlos mit Reinigungs- und Pflegemitteln oder Batterien zu versorgen oder sicherzustellen, dass sie ihren Hörakustiker in festen Intervallen aufsuchen, um Serviceleistungen wie Einstellungsprüfungen oder kleine Reparaturen in Anspruch zu nehmen.
Einzelversicherungen
Möchte ein Hörakustiker keine Gruppenversicherung abschließen, kann er seinen Kunden beim Kauf eines Hörsystems immer noch eine Direktversicherung ans Herz legen. Für den Hörakustiker selbst bedeutet dies weniger Aufwand, obwohl er sich laut Gewerbeverordnung auch für diesen sogenannten Annexvertrieb eine Erlaubnis besorgen muss. Der Kunde entscheidet sich dann für einen passenden Tarif und schließt die Versicherung online selbst ab. Als Versicherungsnehmer obliegt ihm auch die Aufgabe, der Versicherung etwaige Schäden oder Verluste zu melden.
Zwei Beispiele für solche Direktversicherungen sind folgende Angebote von Alteos als Tochterunternehmen der Axa und die Hörgeräteversicherung von Wertgarantie.
Bei beiden Versicherungen greift der Schutz sofort nach der Antragstellung, die online erfolgt. Das Zubehör kann mitversichert werden und sollte das Hörgerät verloren gehen, gibt es keine Selbstbeteiligung. Anfallende Reparaturen werden zu 100 Prozent ersetzt. Während die Versicherungsdauer bei Wertgarantie unbeschränkt ist, liegt sie bei Alteos bei maximal sechs Jahren, sodass sie den gesamten Versorgungszeitraum abdeckt. Bei Alteos haben Kunden ein tägliches Kündigungsrecht in allen Tarifen, bei Wertgarantie gilt eine jährliche Kündigungsmöglichkeit mit einer Kündigungsfrist von einem Monat.
Im Tarif für ein binaurales Hörsystem im Gesamtwert von 1.700 Euro belaufen sich die Kosten im Premiumtarif von Alteos auf 83,95 Euro pro Jahr, bei Wertgarantie werden 90 Euro fällig. Wertgarantie-Kunden zahlen entweder monatlich 7,50 Euro oder wählen die rabattierte Vorauszahlung für drei oder fünf Jahre. Bei Alteos werden die Zahlungen entweder jährlich geleistet, auf drei Jahre im Voraus und anschließend jährlich bis zum Ende des Versorgungszeitraums oder gleich sechs Jahre im Voraus. Wer vorher kündigt, bekommt seine Vorauszahlung anteilig zurück.
Bezahlt wird bei beiden Versicherungen entweder per Lastschrift, Rechnung, Kreditkarte oder Paypal. Bei Alteos kann auch über Klarna bezahlt werden.
Bei Verlust des Hörsystems leistet Alteos im Premiumtarif für drei Jahre den Neuwert. In den weiteren Tarifen werden ab dem zweiten Jahr jährlich 10 Prozent des Kaufwerts abgezogen. Wertgarantie erstattet im Verlustfall während des ersten Jahres ebenfalls 100 Prozent der Kosten, danach wird der Zeitwert als modellabhängig angegeben.
Gruppenversicherungen
Wer sein Hörgerät bei Amplifon, Apollo oder Geers kauft, kann direkt in der Filiale von der Gruppenversicherung der Fachgeschäfte Gebrauch machen. Die Geräte sind dann sofort nach Abschluss versichert, allerdings ist nur bei Geers auch das mitgekaufte Zubehör im Versicherungsschutz inbegriffen. Die Laufzeit beträgt jeweils fünf Jahre, wobei es durchaus Unterschiede bei den Versicherungsleistungen gibt.
Bei Apollo werden Reparaturkosten, die nicht durch die Pauschale der gesetzlichen Krankenkasse abgedeckt sind, zu 100 Prozent übernommen, wohingegen Kunden von Amplifon etwaige Reparaturkosten selbst bezahlen müssen. Bei Apollo und Amplifon werden Totalschaden beziehungsweise Verlust und Diebstahl gleichgesetzt. Die Versicherung von Apollo leistet bei 35 Prozent Selbstbeteiligung einen Kostenersatz bis zur Versicherungssumme ohne GKV-Anteil. Bei Amplifon gilt eine gestaffelte Selbstbeteiligung, wobei die Versicherungssumme dem ursprünglich bezahlten Eigenanteil pro Hörsystem bis zu einem Maximalbetrag in Höhe von 4.000 Euro entspricht.
Bei Geers im Versicherungsschutz inbegriffen sind ebenfalls Totalschäden sowie Verlust oder Diebstahl des Hörsystems. Im ersten Jahr würden die Kosten zu 90 Prozent erstattet, ab dem zweiten und bis zum fünften Jahr zur Hälfte. Laut Geers wird der Eigenanteil der Kunden durch einen Schutzbrief abgedeckt. Zudem sind auch Reparaturen, Reinigungen und weitere Serviceleistungen mit inbegriffen.
Was die Kosten betrifft, so ist die Versicherung von Geers bei einem angenommenen Gerätewert von 2.000 Euro mit 249 Euro pro Jahr die teuerste. Bei Apollo sind es 110 Euro, wobei Kunden bei Amplifon zwischen zwei Tarifen wählen können. Der Tarif Hörsystemversicherung schlägt mit 95 Euro zu Buche, beim zusätzlichen Kasko-Schutz, bei dem in den ersten 24 Versicherungsmonaten kein Selbstbehalt anfällt, werden 90 Euro on top fällig.