Pressekonferenz der Bundesinnung der Hörakustiker in Berlin

Bei der Pressekonferenz der Bundesinnung der Hörakustiker (biha) am 11. September 2024 im Haus der Bundespressekonferenz in Berlin wurde die Versorgung von an Taubheit grenzend schwerhörigen Patienten mit Cochlea-Implantaten (CI) thematisiert. Experten aus verschiedenen Bereichen des Versorgungsprozesses sowie betroffene CI-Patienten berichteten über die aktuellen Herausforderungen in der Nachsorge und diskutierten mögliche Verbesserungen.

jh, Veröffentlicht am 11 September 2024

Pressekonferenz der Bundesinnung der Hörakustiker in Berlin

Eberhard Schmidt, Präsident der Bundesinnung der Hörakustiker, und Dr. Veronika Wolter, Chefärztin der Helios Hörklinik Oberbayern, beleuchteten die Besonderheiten der CI-Versorgung und -Nachsorge aus der Perspektive der Versorger. Daniel Schilling, Vorstand der IKK Südwest, erläuterte den Prozess aus der Sicht einer gesetzlichen Krankenversicherung, während die Patientin Stefanie Ziegler, die auf beiden Ohren mit CIs versorgt ist, ihre persönlichen Erfahrungen mit den Herausforderungen bei der Anpassung und Nachsorge schilderte.

In Deutschland werden jährlich etwa 4.000 CI-Operationen in über 100 HNO-Kliniken durchgeführt. Nach der OP und der Erstanpassung folgt im besten Fall eine wohnortnahe Rehabilitation, bevor die Patienten oft lange Wege bis nach Hause zurücklegen. Die notwendige lebenslange Nachsorge wird entweder in der implantierenden Klinik oder bei einem Hörakustiker vor Ort durchgeführt. Allerdings ist die Abrechnung dieser Nachsorgeleistungen derzeit kompliziert, da die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) den Kliniken eine Pauschale für sämtliche Leistungen, einschließlich der Nachsorge, zahlt. Um von den Kliniken für ihre Arbeit entlohnt zu werden, müssen Hörakustiker spezielle Kooperationsverträge abschließen.

Eberhard Schmidt ging auf die Herausforderungen für das Hörakustiker-Handwerk bei der CI-Versorgung ein und betonte die Bedeutung von Fort- und Weiterbildungen sowie die Problematik der Abrechnung mit der GKV. Er verwies darauf, dass Hörakustiker gemäß der Meisterprüfungsverordnung berechtigt sind, CI-Versorgungen durchzuführen, vorausgesetzt, sie haben entsprechende Schulungen absolviert, die beispielsweise am Campus Hörakustik in Lübeck angeboten werden. Diese Schulungen werden jedoch nicht von allen Kliniken anerkannt. Schmidt forderte daher eine Klärung der Zuständigkeiten bei der CI-Nachsorge, insbesondere hinsichtlich der wohnortnahen Versorgung: “Dieses Versorgungschaos muss dringend gelöst werden, damit klar ist, wer, wann, wo und durch wen die Nachsorge durchgeführt werden kann.” Die Patienten dürften bei diesem Hin und Her nicht auf der Strecke bleiben.

Unterstützung erhielt Schmidt von Dr. Veronika Wolter, die nicht nur Ärztin, sondern auch selbst CI-Trägerin ist. Ihre Klinik deckt den gesamten Versorgungsprozess ab, von der ersten Untersuchung über die Operation bis hin zur lebenslangen Nachsorge. Dennoch forderte sie einheitliche Regelungen auf nationaler Ebene, damit CI-Patienten lebenslang in ihrer Heimatregion versorgt werden können. Dies würde eine wesentliche Lücke im Versorgungssystem schließen, so Wolter. Sie lobte zudem das duale Ausbildungssystem in der Hörakustik, das im internationalen Vergleich als herausragend gelte und einen wichtigen Standortvorteil für Deutschland darstelle.

Daniel Schilling betonte, dass neben der Implantation vor allem die lebenslange Nachsorge durch Hörakustiker vor Ort entscheidend für den Erfolg der CI-Versorgung sei. Erste Ergebnisse einer Versichertenbefragung zeigten, dass CI-Patienten sich einen festen Ansprechpartner in ihrer Nähe wünschten. Schilling rief dazu auf, bürokratische Hürden abzubauen, um einen einfachen Zugang zur Gesundheitsversorgung zu gewährleisten, besonders in einer älter werdenden Gesellschaft.

Die CI-Patientin Stefanie Ziegler berichtete von ihren persönlichen Erfahrungen mit den beiden Implantationen, die vor neun und acht Jahren durchgeführt wurden. Ihre Erstanpassung wurde durch einen Audiologen des CI-Herstellers in der Klinik vorgenommen, da vor Ort weder Hörakustiker, Audiologen noch Logopäden verfügbar waren. Das Sprachverstehen erarbeitete sie sich durch intensives Musiktraining selbst, bevor sie in der Reha wichtige Informationen zur CI-Versorgung erhielt und Kontakt zu Selbsthilfegruppen fand. Ihre Nachsorge erfolgt mittlerweile bei einem kompetenten Hörakustiker in ihrer Wohnortnähe, da die implantierende Klinik keine CI-Versorgungen mehr durchführt. Trotz großer Akzeptanz müsse sie ihr Umfeld manchmal daran erinnern, dass sie zwar hören kann, aber dennoch taub ist, so Ziegler.