„Ich komme wieder"

Für die HÖREX war der 10. Fortbildungskongress im November 2024 in Frankfurt ein Jubiläum, für Thomas Stahl eine Premiere: Knapp ein Jahr zuvor hatte der Hörakustikmeister sein eigenes Fachgeschäft im baden-württembergischen Rauenberg mit Unterstützung der Genossenschaft eröffnet, nun nutzte er die Gelegenheit, sein Wissen zu erweitern und seine HÖREX Kolleginnen und Kollegen kennenzulernen.

Martina Ostermeier , Veröffentlicht am 19 Dezember 2024

„Ich komme wieder“

Auf der Fahrt nach Frankfurt saß Thomas Stahl allerdings nicht allein im Auto. Nachdem er sich zur Gründung entschlossen hatte und auf der Suche nach einer Gemeinschaft war, sprachen ihn nicht nur der HÖREX Existenzgründungs-Service und der Genossenschaftsgedanke an. Ihm fiel auch ein, dass ein alter Bekannter von ihm, Yves Spieldenner, Mitglied bei der HÖREX ist. Dieser konnte letzte offene Fragen beantworten, dann war die Entscheidung für die HÖREX gefallen. „Ab diesem Zeitpunkt hatte ich immer jemanden, den ich fragen konnte“, so Stahl. „Gerade in schwierigen Situationen, als zum Beispiel herauskam, dass der von mir ursprünglich ausgewählte Standort drei Jahre später abgerissen werden sollte, hat mir das viel Stress genommen. Darüber hinaus habe ich die gesamte Gründungsunterstützung ausgeschöpft: von der Standortanalyse über die Entwicklung einer Corporate Identity bis zum Marketing. Und mit der Eröffnung ist ja nicht Schluss. Erst kürzlich hat mir Michelle Kalaz aus dem Marketingteam ein Banner für meine Sponsoringaktivitäten entworfen. Ist Michelle im Urlaub, ist ihre Kollegin Carina Stiehler zur Stelle. Da kann ich mich drauf verlassen.“

Genossenschaftliches Miteinander

Zurück nach Frankfurt ins Hotel Maritim, wo Stahl und Spieldenner am Freitagabend eintrafen, um an der Mitgliederversammlung teilzunehmen. „Die Vorstände Claudia Hellbach und H.-P. Weihmann gaben uns spannende Einblicke in die aktuellen Entwicklungen der Genossenschaft. Darüber hinaus konnte jeder seine Themen einbringen, wir haben viel diskutiert“, berichtet Stahl. „Die Atmosphäre habe ich als sehr angenehm empfunden: offen, entspannt, auf Augenhöhe. Schon dieser erste Abend hat mir das Gefühl vermittelt, dass alle zusammenwirken. Genau das hatte ich mir von einer Genossenschaft versprochen.“

Abwechslungsreiches Programm

Offizieller Start für den zehnten HÖREX Fortbildungskongress war der Samstagmorgen. Das Programm, das die Verantwortlichen zusammengestellt hatten, konnte sich sehen lassen. Die Teilnehmenden hatten 21 biha-zertifizierte Vorträge und Seminare zu unterschiedlichen Themen zur Auswahl. Im Mittelpunkt standen aktuelle Infos der Hersteller, Marketing und Social Media, IT-Sicherheit und Unternehmensführung. Hinzu kamen überbetriebliche Azubi-Schulungstage, die die HÖREX in dieser Form zum ersten Mal für jedes Ausbildungsjahr anbot. Die Schulungstage sind Teil der Ausbildungs-Initiative, mit der die Genossenschaft auf den Beruf des Hörakustikers aufmerksam macht und ihre Mitglieder bei der Suche nach Auszubildenden unterstützt. Anlässlich des Jubiläums übernahm die Genossenschaft die Teilnahmegebühr für alle angereisten Auszubildenden. Das Angebot kam gut an: 13 Auszubildende waren nach Frankfurt gereist.

Als ersten Redner durften Auszubildende und Mitglieder, wie schon in den vergangenen Jahren, Jakob Stephan Baschab, Hauptgeschäftsführer der Bundesinnung der Hörakustiker (biha), als Keynote Speaker begrüßen. Zentrale Themen seines Branchenberichts waren die sich verändernden Wettbewerbsbedingungen, die Ausbildungssituation und die aktuellen Entwicklungen in puncto Kassenverträge. Stahl nahm vor allem eine Botschaft mit nach Hause: „Trotz der sich verändernden Rahmenbedingungen sehen die Zahlen gut aus für uns selbstständige Hörakustiker. Wichtig ist, dass wir zeigen, was wir können: zum Beispiel mehr als First Fit.“

Im Anschluss an den Vortrag von Baschab starteten jeweils drei bis vier Seminare parallel. Als Erstes hatte sich Stahl bei Oticon angemeldet: Matthias Galbacs ging in dem Seminar auf geschlossene und offene Anpassungen ein und unter anderem darauf, wie der Verschlusseffekt verhindert werden kann. Dazu gab es aktuelle Zahlen zum weltweiten Einsatz von Schirmchen und Domes bzw. individuellen Otoplastiken. Als Nächstes stand bei Stahl ein Seminar auf der Agenda, das auf seine Situation als junger Inhaber einzahlt: „Steuerliche Besonderheiten in der Hörakustik“. Laura Birch von der Akademie für Hörakustik erklärte unter anderem, was bei Abschreibungen und der Instandhaltungspauschale zu beachten ist. „Das war sehr informativ und spannend, vor allem, da nicht jeder Steuerberater mit den Besonderheiten in der Hörakustik vertraut ist.“

Nach der Mittagspause besuchte Thomas Stahl den Workshop von Sonic mit Sebastian Wiesner. Dass Stahl die HÖREX Exklusivmarke in seinem Portfolio hat, ist für ihn selbstverständlich: „Die Vorteile liegen für mich auf der Hand: Sonic bietet mir die aktuelle Technik von Demant zu hervorragenden Einkaufskonditionen. Gleichzeitig kann ich mich mit der Marke vom Wettbewerb abheben.“ In Frankfurt stand die Störgeräuschunterdrückung der aktuellen Hörgerätefamilie A1 im Mittelpunkt. An Modellkopfhörern konnten die Teilnehmenden die Wirkung in den unterschiedlichen Technologiestufen selbst erleben. Wiesner erklärte, wie die integrierte Technik funktioniert und gab Tipps für das Kundengespräch.

Um 15:30 Uhr begann der letzte Workshop für den ersten Fortbildungstag. Thomas Stahl hatte sich für die Firma Egger entschieden. Die Programmbeschreibung versprach „Experten-Tipps zu Service-Reparatur und Modifikation an der Otoplastik“. Stahl zeigt sich begeistert: „Andreas Schwer hat eine enorme Fachkompetenz mitgebracht. Er hat uns viele Infos zu den unterschiedlichen Materialien mit auf den Weg gegeben und jede unserer Fragen geduldig und gut beantwortet.“

Am Abend hieß es dann „Rien ne va plus“. Das Organisationsteam aus der HÖREX Zentrale hatte sich anlässlich des zehnten Fortbildungskongresses etwas Besonderes einfallen lassen: ein Casino im Tagungshotel Maritim. Mit Spielgeld konnten die HÖREXperten ihr Glück bei Roulette, Blackjack und Poker versuchen. „Die Stimmung war sehr heiter, und man kam immer wieder mit anderen Leuten ins Gespräch. Das hat mir sehr gut gefallen“, so Thomas Stahl.

Physik und Magie

Den Auftakt am Sonntag machte Keynote Speaker Dr. Florian Denk vom Deutschen Hörgeräte Institut (DHI). In seinem Vortrag stellte Denk auf der Basis der physikalischen Grundlagen der Hörgeräteankopplung spezielle Designmerkmale von Otoplastiken vor, die durch eine Anpassung an die individuelle Anatomie verhindern, dass Körpergeräusche in den Restgehörgang gelangen und so den Okklusionseffekt minimieren.

Besonders gut an kam bei Thomas Stahl auch das Seminar von Roger Gründler zur „magischen Trilogie der Unternehmensführung“, die da wäre: Strategie, Struktur, Kultur. Letztere werde leider häufig als zu kostspielig betrachtet und infolgedessen vernachlässigt. Dabei seien die drei Elemente nicht trennbar und es sei Aufgabe der Unternehmensführung, sie zu gestalten und aufeinander abzustimmen. „Ich habe aus dem Seminar sehr viele Denkanstöße mitgenommen“, so Stahl. „Ein wichtiges Thema war zum Beispiel die Frage, wie man Mitarbeitende führt und motiviert, wie wichtig Transparenz und Teilhabe in diesem Zusammenhang sind und wie Rituale dabei helfen, Mitarbeitende ans Unternehmen zu binden. Das können so einfache Dinge sein wie ein gemeinsamer Kaffee zum Start in den Arbeitstag, bei dem man Interesse füreinander zeigt und sich Wertschätzung entgegenbringt. Der Referent hat das wirklich klasse gemacht, und die Zeit verging wie im Flug.“ Zum Abschluss ging es für Thomas Stahl noch zum Seminar von Phonak, bei dem Daniel Schopf einen Ausblick auf den Hörgerätemarkt der Zukunft gab. Stahls Fazit am Ende des Fortbildungskongresses: „Ich komme auf jeden Fall wieder.“