Oticons 11. Kunden-Symposium: Fachwissen, Menschen und Entertainment
„Ach was!?“ – Ist Ihnen eigentlich bewusst, dass dieser legendäre Spruch von Loriot ungemein im Umgang mit schwierigen Kunden helfen kann? Wertvolle Takeaways für das alltägliche Tagesgeschäft gab es neben den audiologischen Fachbeiträgen jedenfalls auch dieses Jahr wieder auf dem Kunden-Symposium von Oticon.
Trotz des anhaltenden Warnstreiks der Deutschen Bahn war der Ballsaal des historischen Curio-Hauses bis fast auf den letzten Platz gefüllt, als Horst Warncke pünktlich um 11 das 11. Symposium von Oticon eröffnete. Zu einem „Ausflug mit ungewöhnlichen Inspirationen” lud der Leiter der Audiologie in seiner bewährten Rolle als Moderator ein, zu dem Dr. Habil. Marijke De Belder den Startschuss gab. Die Privatdozentin für niederländische Sprachwissenschaft und Sprachdidaktik an der Universität Utrecht hielt einen Vortrag zu dem Thema „Warum gerade deutsche Kinder Konsonanten hören sollten”. Darin erklärte sie, dass für die Sprachentwicklung das Gehirn das Gehörte in formbare Sprache übersetze. Höre ein Kind jedoch nicht richtig, bleibe dieser essenzielle Entwicklungsschritt aus und sei der Grund dafür, dass schwerhörige Personen Konsonanten eben nicht mehr korrekt artikulieren könnten.
ACT-Alternative zum Audiogramm
Den zweiten Fachvortrag-Referenten kündigte Horst Warncke als „ein bekanntes Gesicht aus unserem Wohnzimmer in Lübeck“ an. Denn Professor Dr. Tim Jürgens ist nicht nur Experte in der angewandten Hörforschung und machte sich insbesondere durch den Aufbau des Forschungsbereiches „Cochlea-Implantate” einen Namen, sondern nahm vor fünf Jahren auch die neu eingerichtete Professur für „Auditorische Signalverarbeitung” an der Technischen Hochschule in Lübeck an. Jürgens gab interessante Einblicke in die Entwicklung des ACT (Audible Contrast Threshold)-Diagnosetests, den Oticon als erster Hörgerätehersteller in seine Anpassungssoftware Genie 2 integriert hat und erstmalig auf der diesjährigen EUHA vorstellte. Jürgens erläuterte aber auch sehr genau, warum der ACT-Diagnosetest für individuellere und effektivere Hörgeräteanpassungen sorgen kann und somit eine „bahnbrechende Alternative“ zum traditionellen Audiogramm ist, das sich seit mehr als 100 Jahren nicht weiterentwickelt hat.
Benefits mit Köpfchen und Herz
Als nächster Keynote-Speaker beleuchtete Leif Steinbrinker, wie eng Fankultur und Unternehmenserfolg zusammenhängen. Der geschäftsführende Gesellschafter des international tätigen Marktforschungs- und Beratungsunternehmens 2HMforum erläuterte, warum Bedürfnisse und Emotionen so wichtig für unsere Entscheidungen sind. Ein echter Fußballfan zum Beispiel bleibt seinem Verein auch dann treu, wenn es überhaupt nicht gut läuft – weil er sich mit seinem Verein identifizieren kann. Diese emotionale Bindung gelte es auch in den wirtschaftlichen Kontext zu übertragen, angefangen von den eigenen Mitarbeitenden bis hin zu den Endkunden. Denn: „Nur mit Fan-Mitarbeitern werden auch Kunden zu Fans”, so Steinbrinker.
Emotionen waren auch das Thema von Vaya Wieser-Weber. Als guter Verkäufer brauche es heutzutage neben Fachkompetenz und Wissen vor allem emotionale Intelligenz wie eine realistische Selbsteinschätzung, Feingefühl und ganz viel Empathie. Um „weniger Angst vor schwierigen Kunden zu haben“ und um effizient zu wirtschaften, müsse man „die Welt des anderen verstehen und sich in diese einklinken“. Welchen Effekt auch die Körpersprache und selbst schon der erste Händedruck haben kann, zeigte die Keynote-Speakerin unterhaltsam und gemeinsam mit Hörakustikmeister und HÖREX-Vorstandsmitglied H.P. Weihmann, den sie kurz zuvor beim Rauchen kennenlernte und spontan auf die Bühne holte.
Die Loriot-Strategie
Für einen fulminanten Abschluss der Vortragsreihe sorgte die Schlagfertigkeitstrainerin und achtfache Bestsellerautorin Nicole Staudinger. „Sie sollen nie wieder sprachlos sein“, versprach die gebürtige Kölnerin schon in einem ihrer ersten Sätzen und erklärte dann, wie sich mit „empathischen Formulierungen” viel „Nettoärgerzeit“ ersparen lasse – nicht nur im Arbeitsalltag, sondern auch im Privatleben. Komiker Loriot beispielsweise sei eine hervorragende Inspirationsquelle für die besten Schlagfertigkeitsstrategien gewesen. Besonders seine kurzen Einwürfe auf überraschende Bemerkungen, wie sein typischer Kommentar „Ach was!?“, seien in der Schlagfertigkeit universell einsetzbar. Verblüffend effizient kann solch ein Kurzkommentar gerade bei schnippischen Bemerkungen sein, denn: Sie lassen sich mit einem „Ach was!?“ nicht anmerken, wie Sie zu dem Angriff stehen, sondern kommentieren ihn nur kurz und reden anschließend idealerweise zu Ihrem Thema weiter oder schneiden zur Ablenkung etwas ganz anderes an. Staudinger erinnerte aber auch daran, dass die Wahrnehmung von Menschen in erster Linie von einem selbst abhängt. Ihr Takeaway für eine gute Gesprächsführung ist deshalb auf drei Säulen gebaut: 1. Gehen Sie bei jedem Kunden nur vom Besten aus. 2. Haben Sie immer im Hinterkopf, was Sie selbst von dem Kundengespräch erwarten. 3. Hören Sie zu. Aber nicht um zu antworten, sondern um Ihren Kunden zu verstehen.
Entertainment und Kulinarik im Spiegelpalast
Das Abendprogramm des Oticon-Symposiums fand diesmal im Rahmen einer Dinner-Show im Hamburger Spiegelpalast statt. „Ladies First“ lautete der Titel der flotten Vorstellung, die erst wenige Tage zuvor Premiere gefeiert hatte. Begleitet wurden geniale Akrobatik, Comedy, Musik und Magie von einem 4-Gänge-Menü der Hamburger Star- und Sterneköchin Cornelia Poletto. Oticon Geschäftsführer Torben Lindø schaffte es gerade noch zum Dessert – den Tag und frühen Abend verbrachte er in einem wichtigen Firmenmeeting in Oticons Mutterland Dänemark. „Wahnsinnig geärgert“ habe er sich über diese unglückliche Parallelplanung, sagte Lindø in seiner kurzen Ansprache im Spiegelpalast. Für das nächste Jahr habe er aber planungstechnisch schon vorgesorgt und versprach: „2024 werde ich wieder ganz dabei sein!“