Die Zukunft beginnt jetzt

Den Anfang machte Theresa Schleicher, Berlin, mit dem Thema „Konsum in der Innenstadt der Zukunft? Die kommenden Themen für den Fachhandel”.

In ihrem Vortrag skizzierte Schleicher zukünftige städtische Lebensformen. Dies betrifft auch den Handel. Klassische Verkaufsstellen wie große Kaufhäuser werden es demnach immer schwerer haben. Die Menschen suchen kleinere lokale Verkaufsstellen mit Erlebnischarakter. Gerne in Kombination mit verschiedenen Anbietern und Produkten. Dabei wird es selbstverständlich sein, diese lokalen Shops auch im Internet zu finden und die Angebote sowohl online als auch vor Ort zu erwerben. Allgemeine Trends sind unter anderem Gesundheit und Wohlbefinden sowie Nachhaltigkeit. Service- und Beratungsangebote werden mehr in den Mittelpunkt rücken. Dies wird ebenso durch die Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz (KI) auf einem digitalem Weg erfolgen. Auf unterschiedliche individuelle Bedürfnisse zu reagieren wird immer wichtiger.

Vom städtischen Handel zum CI – ein Themenwechsel

Nach ihren Ausführungen wechselte das Thema abrupt. Es folgte eine Präsentation von Dr. med. Benedikt Hönik, Essen, mit dem Titel „Für wen bringt ein Cochlea-Implantat was? Nutzung von künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen, um den Hörerfolg nach Cochlea-Implantationen vorherzusagen”.

Zunächst berichtete Hönik, wie die Digitalisierung in Krankenhäusern bereits Einzug gehalten hat. Operationen werden durch KI-gestützte Virtual-Reality-Anwendungen begleitet und helfen auch bei der Ausbildung junger Ärzte. Ein weiteres Projekt an seinem Krankenhaus sei es, den Hörerfolg mittels eines KI-basierten Modells vorauszusagen, um Patienten noch gezielter zu beraten.

Seine Ausführungen wendeten sich sicherlich mehr an Mediziner und dienten den anwesenden Hörakustikern eher als allgemeine Information. Dass die Forschungen allerdings auch für Hörakustiker eine Rolle spielen könnten, zeigte eine anschließende Frage aus dem Publikum. Gefragt wurde, ob Akustiker in Zukunft das Vorhersagemodell zur Beratung nutzen können. In seiner Antwort verwies der Mediziner auf den noch frühen Status der Entwicklung und wollte sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht auf ein Ja oder Nein festlegen.

Die Zukunft in der Signalverarbeitung

Die dritte Keynote hielt Sergi Rotger-Griful, Ph. D., Snekkersten (Dänemark), mit dem Titel „Kommunikationsherausforderungen bei Menschen mit Hörverlust: Einblicke in zukünftige Wege für audiologische Anwendungen.”

In seinem Vortrag, der auch gut in das normale Vortragsprogramm gepasst hätte, präsentierte Rotger-Griful verschiedene Studien und Untersuchungsmethoden zum Hören im Störgeräusch und wie unterschiedlich dies individuell empfunden wird. Zielsetzung sei, personalisierte Signalverarbeitungen zu entwickeln, die den individuellen und situationsbedingten Kommunikationsschwierigkeiten besser gerecht werden. Seine Ausführungen zeigten, dass nicht nur die rein technische Entwicklung von Features wichtig ist, sondern ebenso die individuellen Bedürfnisse der Nutzer in deren Anwendung einfließen müssen.

Die digitale Transformation

Es erfolgte ein erneuter Themenwechsel. Zum Abschluss betrat Professor Dr. David Matusiewicz, Essen die Bühne. Sein Thema: „Die digitale Transformation in der Hörakustik”.

Er startete mit der These, dass die KI die gesamte Wertschöpfungskette in der Hörakustik merklich verändern wird. Im Laufe seines Vortrags nannte er dann einige Megatrends, wie KI-unterstützte Hörgeräte, Vernetzung mit Smartphones und anderen IoT(Internet of Things)-Geräten, Telemedizin, integrierte Gesundheitsüberwachung, cloudbasierte Datenanalyse zur Ferndiagnose und Anpassung oder 3D-Druck. Technologien und KI-Anwendungen werden den Menschen jedoch nicht ersetzen, sondern die Aufgaben verlagern. „Der Faktor Mensch wird in Zukunft noch wichtiger: Das persönliche Gespräch wird zu Quality Time”, so Matusiewicz.

Ein Resümee

Der Blick von außen ist oft hilfreich, um aus der eigenen Routine zu treten. Doch vieles, was die Referenten als zukünftigen Megatrend bezeichneten, ist in der Hörakustik längst Alltag. Dass Protagonisten außerhalb der Szene und auch Kunden dies nicht wissen, muss Aufforderung sein, die eigene Leistung selbstbewusster publik zu machen. Was passieren kann, wenn dies nicht geschieht, verrät ein Blick in die Vergangenheit. Für viele Menschen gilt Alexander Graham Bell als Erfinder des Telefons. Doch war dies nicht der Fall. Was er allerdings schaffte, war, das Telefon erfolgreich zu vermarkten und so wurde er reich und sein Name berühmt. Nun kann man fast darauf warten, dass sich die Geschichte wiederholt, wenn z. B. ein bekanntes Unternehmen aus Cupertino scheinbare Innovationen präsentiert und sich dafür feiern lässt. Der Einwurf „Wer hat´s erfunden?” nützt einem dann wenig und andere machen das Geschäft.

Konzepte, wie man sich schon heute der Zukunft stellen kann, gibt es genug. Die von der ersten Referentin genannten Trends werden in der Hörakustik bereits umgesetzt. Hörakustikfachgeschäfte mit einem Café oder einer Galerie zu verbinden ist schon Realität. Auch die von Signia gezeigten Showroom-Konzepte können aktiv genutzt werden. Ein weiteres existierendes Modell konnten die Besucher der Fachausstellung in der Start-up-Area erleben. Evelyn und Johannes Fischer zeigten dort ihr hear CUBE Konzept. Dabei handelt es sich um einen leicht auf- und abzubauenden Anpassraum, der bei potenziellen Partnern wie Optikern oder zeitlich begrenzt in Einkaufspassagen eingesetzt werden kann. Doch der hear Cube ist mehr als nur ein Anpassraum. Die Fischers verbinden damit ein ergänzendes Verkaufskonzept, das Online- und Offline-Elemente kombiniert. Ein wichtiger Baustein des Konzepts besteht in der Trennung von Produkt und Dienstleistung, um damit den individuellen Bedürfnissen der Kunden gerecht zu werden. Dass der erfolgreiche Einsatz solcher Konzepte nicht von heute auf morgen erfolgt, machte das Ehepaar Fischer in einem persönlichen Gespräch deutlich. Man selbst sowie die Mitarbeiter müssen die Ideen leben und umsetzen. Dieser Prozess benötigt eine gewisse Zeit.

Weitere Beispiele, wie den zukünftigen Herausforderungen begegnet werden kann, hätten am Future Friday durchaus auch bei einem Roundtable diskutiert werden können. So blieben die Besucher mit dem Gehörten etwas alleine zurück. Sich im Anschluss über die Inhalte austauschen zu können, wäre begrüßenswert gewesen. Denn viel Zeit, neue Ansätze umzusetzen, bleibt nicht. Entwicklungen wie die der KI werden immer schneller. Dass sich dadurch auch Verkaufs- und Anpassprozesse in der Hörakustik zeitnah verändern und man sich schon jetzt darauf einstellen muss, sollte jedem bewusst sein. Ob die Aussagen in den Keynotes dann alle genau so eintreffen werden, bleibt natürlich offen, denn Vorhersagen sind oft schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen.